© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    44/99 29. Oktober 1999


PDS/SED: Alte Kader drängen in Führungsämter und Schlüsselpositionen
Die DDR-Elite meldet sich zurück
Georg Bensch

In den neuen Bundesländern macht sich bei vielen Menschen Unverständnis und Empörung breit. Denn jene, die vierzig Jahre Menschen bespitzelten, hinter Gefängnismauern brachten und folterten, sind heute wieder verstärkt in Behörden und Schulen, in Parlamenten oder in Wirtschaftskreisen präsent. Mit Hilfe der SED-Nachfolgepartei PDS rutschen immer mehr Angehörige der alten DDR-Funktionseliten in Machtpositionen – von der Diktatur in die Demokratie. In Sicherheitskreisen schätzt man, daß mehrere hunderttausend alte SED-Kader wieder führende Stellungen in Staat und Gesellschaft bekleiden oder in einträglichen Jobs arbeiten.

Zehn Jahre nach der deutschen Wende greifen die alten SED-Kader, getragen von der PDS, wieder nach der Macht. Viele der früheren Apparatschiks tummeln sich bereits auf der politischen Bühne und nehmen heute lukrative Ämter und Mandate wahr. Allein im Land Mecklenburg-Vorpommern sollen etwa 70.000 Altkommunisten leitende Funktionen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft bekleiden, und im Land Brandenburg sollen es nach vorsichtigen Schätzungen 55.000 sein.

Die uneingeschränkte Einigkeit der früheren SED-Genossen sowie das konspirative Zusammenspiel der alten Seilschaften trägt Früchte. Das beweisen die Wahlsiege der PDS in den neuen Bundesländern. Denn es sind längst nicht allein nur Protestwähler, die der PDS ihre Stimme geben. Es sind die vielen alten SED-Genossen, die sich ihrer Partei wieder zuwenden. Eine gefährliche Entwicklung, zumal überall in den neuen Bundesländern die SED-Altfunktionäre aus ihrer ideologischen Starre erwachen und führende Posten in Politik und Wirtschaft anstreben.

Die Sicherheitsbehörden des Bundes und mancher Länder im Westen sind besorgt darüber, wie in den neuen Ländern nicht nur von einer breiten Strömung in der Politik, sondern durchaus auch von den zuständigen Behörden, die Verfassungsfeindlichkeit der SED-Nachfolgepartei PDS verharmlost wird. Bei der Bewertung der PDS wird immer öfter verschwiegen, daß mehr als 80 Prozent der heutigen PDS-Mitglieder bereits der SED angehörten. Und diese Alt-Genossen verfolgen einzig und allein das Ziel, die freiheitlich-demokratische Ordnung zu beseitigen und in Deutschland ein neues sozialistisch-kommunistisch orientiertes Gesellschaftssystem zu installieren.

So gefällt sich die PDS als Auffangbecken für ehemalige SED- und FDJ-Mitglieder, für Angehörige der Volkspolizei und für SED-Nostalgiker. Aber auch ehemalige Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) der DDR fanden und finden bei der PDS offene Türen.

Schon heute ist die PDS bis hin zur Führungsspitze mit ehemaligen hauptamtlichen und inoffiziellen Mitarbeitern des früheren MfS durchsetzt. Ebenso haben sich Zehntausende von kommunistischen Altkadern politisch in der PDS qualifiziert, wie Mitglieder der DDR-Massenorganisationen sowie Personen, die in den DDR-Medien, in Wissenschaft und Kunst eine privilegierte Stellung hatten. Sie alle mischen wieder nach altem Strickmuster mit und werden von der PDS in politische Ämter und wirtschaftliche Leitungspositionen gehoben. Und so haben sich unter der Schirmherrschaft der PDS bereits Seilschaften gebildet, die auf der Ebene alter SED-Strukturen arbeiten. Die Auswirkungen sind erkennbar: Viele SED-Altfunktionäre fungieren bereits wieder als Bürgermeister, Landräte oder sitzen als Abgeordnete in Stadt-, Kreis- oder Landesparlamenten; selbst im Deutschen Bundestag mischen SED-Altkader kräftig mit.

Es muß erschrecken: In den neuen Bundesländern waschen sich mit Hilfe der PDS Ex-Stasi- und SED-Leute rein. So konnten in letzter Zeit SED-Bürgermeister wieder in ihre Funktionen einrücken oder nach einer Zwangspause gar zum Chef mehrerer Gemeinden aufsteigen. Nicht anders sieht es in der Wirtschaft aus. Auch hier sitzen in den Chefetagen vermehrt wieder alte Genossen. Und in den behördlichen Verwaltungen haben längst frühere SED-Leute ihr altes Terrain zurückerobert.

Ein Sicherheitsexperte bringt diese Entwicklung auf einen Nenner: "Die alte DDR-Macht-Elite sitzt überall schon wieder fest im Sattel! Während die alten Funktionäre bei der Ausübung ihrer Ämter früher von der SED gestärkt wurden, haben sie heute als Rückenstütze die PDS."


 
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