© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    45/99 05. November 1999


Astrid Luise Mannes: Heinrich Brüning. Leben, Wirken, Schicksal
Ein gescheiterter Staatsmann
Clara Neumann

Heinrich Brüning gilt bis heute als eine der tragischsten Figuren der Weimarer Republik: Die Streichung der Reparationszahlungen und damit auch der wirtschaftliche Aufschwung der Weimarer Republik hätten unmittelbar bevorgestanden, als er 100 Meter vor dem Ziel gestürzt wurde. Hindenburg entließ ihn – angeblich auf Druck ostelbischer Großgrundbesitzer.

Der Vorsitzende der Zentrumspartei war von März 1930 bis zum Mai 1932 Reichskanzler. Nach seinem Sturz erlebte der Nationalsozialismus einen raschen Aufschwung, er selbst stimmte für das Ermächtigungsgesetz und mußte kurz danach emigrieren. Nach Stationen in den Niederlanden, der Schweiz und Großbritannien verschlug es ihn in die USA, wo er einen Lehrauftrag in Harvard erhielt. 1951 nach Deutschland zurückgekehrt, lehrte er an der Kölner Universität, erlangte aber politisch keine Bedeutung mehr. Im Gegenteil: Durch seine Adenauer entgegengesetzte Vorstellung von Außenpolitik, wonach es statt der ausschließlichen Westbindung eine Absicherung auch gen Osten geben sollte, sah er sich im krassen Widerspruch zur Politik des Kanzlers. 1955 kehrte er Deutschland endgültig den Rücken, nahm seinen Lehrauftrag in Harvard wieder auf und starb 1970 in Norwich/Vermont als 84jähriger.

Der Historikerin Astrid Luise Mannes kommt das Verdienst zu, erstmals seit Brünings Tod eine Biographie dieses Staatsmannes veröffentlicht zu haben. Minutiös zeichnet sie nach, warum Brüning als Reichskanzler zum Scheitern verurteilt war und dennoch für das Ermächtigungsgesetz stimmte. Auch seinen Jahren im unfreiwilligen und freiwillen Exil räumt sie breiten Raum ein und macht deutlich, wieso Brüning Deutschland den Rücken gekehrt hatte.

Die Biographin bemängelt, daß einige Quellen bis heute der Forschung nicht zugänglich sind. Dies betreffe insbesondere Teile aus dem Nachlaß Brünings, der offenkundig immer noch von seiner ehemaligen Mitarbeiterin Claire Nix verwaltet werde und damit nicht einsehbar sei. Trotz dieser ersten das gesamte Leben umspannenden Biographie gibt es, so räumt Mannes ein, also noch breiten Raum für die Brüning-Forschung.

 

Astrid Luise Mannes: Heinrich Brüning. Leben, Wirken, Schicksal, Olzog Verlag: München 1999, 304 Seiten, 58 Mark


 
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