© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    47/99 19. November 1999


Teilerfolg für den Süden
von Michael Wiesberg

Verdächtig ist es allemal, wenn sich nach einem Gerichtsurteil alle Beteiligten in ihren Positionen bestätigt sehen. Wie beim Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zum Länderfinanzausgleich. Edmund Stoiber , Ministerpräsident des klageführenden Bundeslandes Bayern, sprach von "einem guten Tag für den Föderalismus". Heide Simonis, Minsterpräsidentin des Nehmerlandes Schleswig-Holstein, deutete die Entscheidung als "weises Urteil". Ausgangspunkte der Kontroverse ist die Tatsache, daß gegenwärtig jedem Bundesland eine Finanzkraft von 95 Prozent des Länderdurchschnittes garantiert wird. Die ärmsten Bundesländer erhalten darüber hinaus sogar noch eine Fehlbetrags-Bundesergänzungszuweisung. Hier liegt auch der Stein des Anstoßes für die Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg, die Anfang 1999 eine Normenkontrollklage beim Verfassungsgericht eingereicht hatten.

Eine im Kern gleichlautende Klage brachte auch das Bundesland Hessen, damals noch unter dem Ministerpräsidenten Eichel, auf demWeg. Vor dem Finanzausgleich lägen die südlichen Bundesländer an der Spitze, nach dem Finanzausgleich hingegen am Ende des Finanzkraft-Statistik, lamentieren die Ministerpräsidenten Teufel und Stoiber. Mit dieser Regelung entfalle aus der Optik von Teufel und Stoiber für die Empfängerländer mehr oder weniger der Anreiz, ihre eigenen Steueraufkommen durch eine entsprechende Finanz- und Wirtschaftspolitik zu verbreitern. Mit dieser Sichtweise liegen die beiden Ministerpräsidenten so falsch nicht: nur Bayern ist es in der Vergangenheit gelungen, aus der Reihe der Empfängerländer in die Reihe der Geberländer aufzusteigen.

Mit dieser jedes Gerechtigkeitsempfinden verletzenden Umverteilungslogik soll nun nach dem Willen des Gerichts ab dem Jahre 2003 Schluss sein. Bis dahin muss der Länderfinanzausgleich neu geordnet sein. Die Vorgabe des Verfassungsgerichts, daß der "Finanzausgleich die Finanzkraft unter den Ländern verringern, aber nicht beseitigen soll", verbuchen die südlichen Bundesländer als ihren Erfolg. Dem beugt das vom Gericht formulierte "Maßstäbegesetz" vor, das ausdrücklich vorsieht, daß die unterschiedliche Finanzkraft der Bundesländer unter Beachtung des "Nivellierungsverbotes" angemessen auszugleichen sei. Den "wiedervereinigungsbedingten Ausgleich", der den neuen Bundesländern zugute kommt, stellt das Gericht nicht in Frage. Aber auch hier dürfen die Ergänzungszuweisungen den Durchschnitt der Länder nicht übersteigen. Fazit: Die finanzstarken Länder werden durch das Urteil des Verfassungsgerichts in Zukunft mehr Geld übrig behalten als die Finanzschwachen. Das ist zwar nicht der große Befreiungsschlag, aber immerhin aber ein Schritt in die richtige Richtung.


 
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