© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    47/99 19. November 1999


Kino: "Wehrlos – Die Tochter des Generals" mit John Travolta
Spannungen in der Truppe
Claus-M. Wolfschlag

Paul Brenner (John Travolta) gilt als ausgezeichneter Ermittler des C.I.D., einer internen Ermittlungsbehörde der US-Armee. Nachdem er gerade einen schwerwiegenden Fall von Waffenschieberei auf einer Army-Basis geklärt hat, wird er nach Fort MacCallum, im Süden der USA, gerufen. Das Fort untersteht dem Kommando von Dreisterne-General "Fighting" Joe Campell (James Cromwell), einer Army-Legende.

Der angesehene Kriegsheld Campell steht kurz vor seinem Ruhestand und einer Karriere als Vize-Präsident im Weißen Haus. Unter seinem Kommando diente auch seine hübsche Tochter Elisabeth (Leslie Stefanson), eine brillante Psychiaterin und Offizierin. Doch Elisabeth wurde nachts tot auf einem Truppenübungsplatz gefunden – nackt an vier Pflöcke gefesselt.

Brenner ermittelt nun, ob es sich um einen Ritual-Mord oder eine Vergewaltigung gehandelt hat. Am Tatort begegnet er seiner neuen Partnerin Sarah Sunhill (Madeleine Stowe), einer Expertin für Vergewaltigungsopfer. Es entwickelt sich eine konfliktgeladene Situation zwischen den beiden, da ihn mit der engagierten Frau einstmals mehr als nur berufliches Interesse verband. Zudem drängt die Zeit, da beide nur 36 Stunden Zeit zur Lösung des Falls haben, ohne daß der interne Militär-Skandal an öffentliche Stellen weitergeleitet werden muß. Sie treffen bald auf ein dichtes Netz aus Lügen und Betrug, auf die Domina-Vergangenheit der Toten, auf deren schwieriges Verhältnis zu ihrem Vater und dessen Karriere, sowie auf die Tatsache, daß sich dieselbe Begebenheit – nur ohne tödlichen Ausgang – bereits einmal in Elisabeths Leben ereignet hat. In der unbewältigten Vergangenheit, im Schweigen des Vaters, finden sie schließlich den Schlüssel zur Lösung des Falls.

"Wehrlos – Die Tochter des Generals" bietet wahrlich keine innovative Kost: Zwei Ermittler mit spannungsgeladener persönlicher Beziehung. Intrigen, die bis in höhere Army-Kreise führen und andeuten, daß zahlreiche Karrieren einem privaten Sumpf entwachsen sein mögen. Ein wenig dunkler Sex als Zugabe.

Interessant an diesem Durchschnitts-Krimi ist allenfalls das Milieu der amerikanischen Militärbasis, in dem er spielt. Der Kasernenhof erscheint als "Schule der Dummheit" (Rainer Langhans), als Feld der verkrüppelten menschlichen Gefühle, der inneren Verkrampfung, die alles Humane einem Disziplin-Ritual unterordnet.

Schauspieler Timothy Hutton, der die Rolle des Colonel William Kent verkörpert, erklärte zu diesem Milieu: "Eine Militärbasis ist wie eine eigene Welt. Es gibt eine Kommandokette, eine Hierarchie, an die man sich hält und die man respektiert, und wenn dann ein Ermittler wie Brenner von außen dort hineinkommt, dann ist das allen ein Dorn im Auge. Außenstehende sind nicht willkommen und erhalten nicht viel Unterstützung dabei, etwas zu lösen, was man hier als Privatangelegenheit betrachtet."

Die Farbgebung der Bilder, zahlreiche düstere Nachtaufnahmen auf dem öden Kasernengelände unterstützen die kritische Grundstimmung des Films.

Regisseur Simon West – bekannt geworden durch den Action-Streifen "Con Air" – bemühte sich in seiner Verfilmung einer Romanvorlage von Nelson DeMille zudem, die schwierige Thematik von Frauen und Sexualität im ursprünglichen Männerbund des Militärs anzusprechen. Liebe, Eifersucht, sexuelle Aggression, interne Lästereien und Versuche, den Vorgängen mit beharrlichem Schweigen zu begegnen, treten nun als Phänomene in der Truppe auf.

Hier werden neue Konfliktlinien angesprochen, die möglicherweise auch bald die Bundeswehr betreffen dürften. Heraus kam bei diesem cineastischen Versuch zumindest ein Unterhaltungs-Krimi, der allerdings für die Zuschauer nichts an filmtechnischen Neuerungen zu bieten hat.


 
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