© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    48/99 26. November 1999


Anschlag auf die Kirche
von Bernd-Thomas Ramb

Gegen den ausdrücklichen Willen des Papstes hat das Zentralkomitee der deutschen Katholiken die Gründung eines Vereins mit der zynischen Bezeichnung "Donum Vitae" beschlossen. Der Vorgang stellt aus mehreren Gründen eine Ungeheuerlichkeit dar, der die Katholiken in Deutschland in eine schwere Krise zu stürzen droht. Zunächst aber zeigt die Pervertierung von positiven Bezeichnungen in ihr Gegenteil wahrhaft Orwellsche Ausmaße. "Donum Vitae", Geschenk des Lebens aber war der Titel einer "Instruktion der Kongregation für die Glaubenslehre über die Achtung vor dem beginnenden menschlichen Leben und die Würde der Fortpflanzung" vom 22. Februar 1987, unterzeichnet von Kardinal Ratzinger, der auch die Absage des Papstes an die katholische Ausgabe von Abtreibungsscheinen formulierte.

Die Beratungsstellen, die mit der Vergabe eines staatlich geforderten Beratungsscheins eine straffreie Abtreibung ermöglichten, fühlen sich durch das Veto des Papstes zur Aufgabe gezwungen. Eine vom Zentralkomitee mit dem Markenzeichen "katholisch" aufgewertete Laien-Institution soll diese Lücke nun füllen.

Die zweite Ungeheuerlichkeit liegt darin, daß die deutschen Bischöfe das Zentralkomitee nicht an diesem Beschluß gehindert haben. Sie wissen nur zu gut, die Weisungen des Papstes sind nicht nur für den Klerus, sondern auch für die katholischen Laien bindend. Nun erwecken sie den Anschein, zu einer offenen Opposition zum Papst zu feige zu sein und statt dessen willfährige Vollstrecker vorzuschicken. Wer aber sind diese Handlanger der bischöflichen Doppelmoral? Ein Blick auf die Führungsriege des Zentralkomitees offenbart die dritte Dimension der Ungeheuerlichkeit. Der Vorsitzende Meyer ist Minister des Landes Sachsen, seine Stellvertreterin die baden-württembergische Ministerin Schavan. Beide sind nicht von ihren Diözesen gewählt oder von katholischen Institutionen entsandt, sondern vom ZK als "weitere Mitglieder" aufgenommen. Gleiches gilt für die Berufspolitiker Glück, Kues, Laurin, Liese, Wurzel und die Ministerpräsidenten Teufel und Vogel. Die Verquickung des ZK mit der politischen Spitze Deutschlands wird durch die "spontanen" politischen Unterstützungssignale verstärkt. So hat noch vor der Gründung die bayerische Staatsministerin für Arbeit, Familie und Sozialordnung, Stamm, staatliche, insbesondere finanzielle Hilfe zugesagt.

Der Kampf gegen Rom findet höchste politische Schützenhilfe. Daß damit aber der Staat nicht nur die Einheit der Katholiken zerstört, sondern auch die Autonomie der katholischen Kirche, dürfte keinem der Politiker entgangen sein. Ist dies, ist die Verstaatlichung der katholischen Kirche in Deutschland gewollt?


 
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